Nach einer unruhigen Nacht (das Bett hat bei jeder Bewegung heftigst gequietscht) und einem äußerst mageren Frühstück checken wir aus unserem Hotel aus und machen uns auf den Weg Richtung Norden.
Zuerst machen wir aber noch einen Abstecher in einen kleinen Naturpark in Gulfport. Meine Hoffnung war, dass wir ganz zum Abschluss unseres Aufenthalts an der Golfküste doch noch Manatees zu sehen bekommen. Diese Hoffnung wird jedoch leider enttäuscht. Trotzdem war der kleine Spaziergang lohnenswert.
Danach führt uns die Tante über Tampa quer durch Florida nach St. Augustine, die älteste Stadt der USA. Um uns die lange Fahrt etwas zu verkürzen hören wir weiter unser Hörbuch „Winter der Welt“ von Ken Follett. Dadurch vergeht die Zeit wie im Fluge. Natürlich ist auch die Landschaft wieder nett anzusehen. Wir fahren über lange Zeit bei Ocala durch einen National Forest.
St. Augustine ist ein wunderschönes Städtchen, gegründet im 16. Jahrhundert von den Spaniern, die hier gelandet sind und sich das Land natürlich gleich unter den Nagel gerissen haben. Gleich bei der Einfahrt sehen wir viele schöne, beeindruckende Gebäude stehen. Und viele, viele Autos. Die Navitante lotst mich in ein enges Gässchen und natürlich gibt es vor unserem Hotel mitten im historischen Viertel keinen Parkplatz. Dadurch drehen wir erst einmal eine Ehrenrunde durch enge Einbahnstraßen mit vielen, vielen Fußgängern, die kreuz und quer laufen. Beim zweiten Durchgang halte ich an einer Parkverbotsstelle und Ralf macht schnell das Check-In. Wir erhalten die Wegbeschreibung zu unserem inkludierten Parkplatz, stellen dort unsere Auto ab und machen uns erleichtert auf den Weg zu Fuß zum Hotel.
Hier beziehen wir unser wunderhübsches Zimmer in dem tollen Bed & Breakfast St. Agustin Inn. Sogar einen Whirlpool gibt’s hier.
Danach machen wir einen kleinen Rundgang durch das Städtchen, suchen uns ein Lokal zum Essen und lassen danach den Tag auf der Veranda ausklingen.
In dieser Nacht schlafen wir erheblich besser. Zuerst klang zwar noch Musik aus der benachbarten Bar herüber, die aber gegen 11 Uhr aufhörte. Danach knarrten noch die Nachbarn im Flur herum (es gibt wohl auch Zimmer, deren Bad über den Flur liegt) und nachdem diese dann still waren, hörte man nur noch die Eismaschine. Gottseidank verstummte aber auch diese bald und danach war es himmlisch ruhig.
Das Frühstück am nächsten Morgen ist ein echtes Erlebnis. Wir mussten beim Einchecken angeben, ob wir um 9 oder um 10 Uhr frühstücken wollen. Nachdem wir noch immer nicht so ganz in der USA-Zeitzone leben und immer relativ früh morgens wach werden, wählen wir (natürlich 9 Uhr. Wir können wählen, ob wir lieber draußen oder drinnen frühstücken wollen. Es ist noch ein bisschen frisch und deshalb sitzen wir lieber drinnen. Die Tische sind nett mit Tischdecken, echtem Geschirr und Stoffservietten eingedeckt und wir bekommen unser Essen serviert. Ein tolles Erlebnis nach fast zwei Wochen Motel-Einweg-Fertigfutter-Frühstück.
Es schmeckt ….ziemlich gut. Nein, eigentlich ist es sehr gut, aber leider ist das Ei (oder was auch immer diese Speise auf meinem Teller war. Ziemlich viel Frischkäse war auf jeden Fall drin.) mit Mais und Erbsen bedeckt. Und Erbsen gehören nun mal nicht zu meinen bevorzugten Gemüsesorten. Aber ansonsten ist alles sehr schmackhaft und wir können uns gestärkt in den Tag aufmachen.
Das Wetter sieht noch schön aus. Die Wetterprognose sagt aber zunehmende Bewölkung für heute voraus. Das soll uns aber nicht weiter stören, immerhin ist es noch warm.
Unser erster Weg führt uns durch die St. George-Street Richtung Castello. Hierbei bewundern wir die vielen kleinen Geschäfte mit Kunst und Kitsch, Wein, Süßigkeiten und Schmuck. Natürlich jede Menge Lokale und Museen.
Das Kastell ist ein National Monument und liegt natürlich direkt am Wasser. Von hier aus haben die Spanier, später die Engländer und noch später die Amerikaner ihre Stadt gegen Piraten und Eroberer verteidigt. Die Stadt hat wirklich eine lange und bewegte Geschichte und hier wird sie begreifbar. Sehr beeindruckend. Beeindruckend auch die vielen Schulklassen, die hier durchgeführt werden. Angeführt werden sie immer von ihren Lehrern. Natürlich rennen und schreien auch amerikanische Kinder, aber die Lehrer fordern eine ganz andere Disziplin von ihnen – und es funktioniert. Brav setzen sich die Kinder hin und hören zu, wenn die Lehrkraft ihre Erläuterungen abgibt.
Danach statten wir dem Spanish Quarter, einem Living Museum, einen Besuch ab. Living Museum deshalb, weil die Mitarbeiter in zeitgenössischer Kostümierung sind. So lernen wir den Waffenschmied kennen, sehen eine Schiffsbaustelle und besteigen einen hölzernen Wachturm. Hier lerne ich auch, dass Wachtürme nicht nur in eine Richtung funktionieren. Zwar sehen die Stadtverteidiger früh, wenn ein feindliches Schiff auftaucht, aber die feindlichen Schiffe sehen natürlich auch, dass am Horizont ein Turm steht, der darauf hindeutet, dass sich dort ein lohnenswertes Ziel befindet. So konnte der Pirat Francis Drake St. Augustine überfallen. Ja, Pirat Francis Drake. Aus der Sicht der Spanier war das nämlich ein Pirat und nicht, wie ich das vor vielen Jahren im Englischunterricht gelernt habe, ein Nationalheld.
Beim Eintritt in das Spanish Quarter hatten wir gleich ein Ticket für das Piratenmuseum mitgekauft, welches unser nächstes Ziel ist. Hier gibt es viel über die Piraterie und berühmte Piraten zu lernen und das alles, wie in den USA üblich, sehr anschaulich und interessant dargestellt. Der Höhepunkt für Ralf ist es bestimmt, als er eine Kanone abfeuern durfte – ein klasse Effekt, der alle großen und kleinen Jungs begeisterte.
Als sehr angenehm hat sich heute die Lage unseres Hotels herausgestellt. Wirklich mitten im Geschehen gelegen konnten wir immer mal wieder kurz vorbeischauen. Sei es, um einen Kaffee zu trinken, eine Kleinigkeit zu essen (es gibt durchgehend Kekse, vormittags lagen frisch gebackene Muffins bereit und nachmittags ein kleiner Snack) oder auch nur, um die eigene Toilette zu besuchen. Wir sind wirklich begeistert von unserer Unterkunft.
Obwohl uns langsam Füße und Hüften schmerzen, geht es noch weiter. Das Lightner-Museum und das Flagler-College stehen noch auf unserer Liste der Must-Sees. Das Museum befindet sich im ehemaligen Luxushotel, das vom Eisenbahn-Bauer Flagler errichtet wurde, um betuchte Touristen in dieses schöne Städtchen zu locken. Zwar ist dort schon lange kein Hotel mehr untergebracht, sondern das Museum und die Stadtverwaltung, aber das Gebäude ist trotzdem noch sehr beeindruckend. Es gibt interessante Ausstellungsstücke zu sehen und viele Fotos davon, wie es früher, während der Hotelnutzung dort aussah. Wow, was für ein Luxus. Unter anderem gab es dort das größte Indoor-Schwimmbad der damaligen Zeit. Heute wird der Raum als Ballsaal genutzt.
Danach machen wir noch einen kurz Abstecher zum gegenüber liegenden Flagler-College, einem beeindruckenden Gebäudekomplex, der es Ralf besonders angetan hat. Auch hier gab es früher einmal ein Hotel, aber inzwischen wird es tatsächlich als Hochschule benutzt. Als Besucher erhält man nur Zutritt zum prachtvollen Eingangsbereich, danach gehört die Hochschule ihren Studenten. Schade, dass wir nicht mehr Zeit haben, sonst hätten wir eine Führung, die einmal täglich angeboten wird, gebucht.
Müde machen wir uns auf den Weg zurück Richtung Hotel. Aber bevor wir uns umziehen dürfen und danach etwas essen gehen, geht es noch mal zum Spanish Quarter. Dort steht noch ein „Militaria Drill“ auf dem Programm, den wir uns gerne ansehen möchten. Leider sind wir die einzigen Interessenten, die sich zu angegebenen Zeit einfinden. Nach einiger Zeit kommt der Waffenschmied und entschuldigt sich, dass er dem Schmied aushelfen musste. Ob wir denn Fragen hätten? Als Ralf die Militärübung erwähnt, ist der junge Mann begeistert. Klar macht er die! Es ist halt so, dass das nicht zum anschauen ist, sondern die Zuschauer selbst werden „gedrillt“.
Das ist natürlich Ralfs Sache! Ich erkläre mich sofort bereit, die Fotos dazu zu schießen und so bekommt Ralf beigebracht, wie man die Waffe hält, welche Befehle es zum Waffe aufnehmen, präsentieren, zum marschieren und zum feuern gibt. Na super, und das bei meinem Pazifisten Ralf… Aber ihm macht es offensichtlich Spaß. Geübt wird mit Waffenattrappen. Dafür darf der Mitarbeiter hinterher noch einen echten Schuss aus einem echten Gewehr abfeuern. Natürlich ohne Kugel.
Gegessen wird heute in einem irischen Pub. Erfreut hören wir, dass es aufs Bier heute 25% Rabatt gibt und bestellen gleich einen Pitcher irischen Biers. Zu essen gibt es Burger für Ralf und Fish und Chips für mich. Lecker wars, denn – wie sagte einst ein weiser Mann? – frittiertes Essen hat mich noch selten enttäuscht.
Unsere Route:
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