Die Nacht in dem Motel Howard Johnson in Monterey war überraschend ruhig und erholsam. Nachdem ich gestern Abend meinen Schlafsackinlett in Betrieb genommen hatte (nein, die Bettwäsche sah nicht schmuddelig aus, sondern es war soo saukalt in dem Zimmer), bin ich schnell eingeschlafen und habe bis 6.30 Uhr durchgeschlafen. Ralf ging es genauso und somit erkläre ich den Jetlag für überwunden.
Das im Preis inbegriffene Frühstück war überraschend gut. Kaffee, Saft, Toast, gesalzene Butter, Marmelade, Cornflakes und Muffins haben gereicht, die Fahrt gut gesättigt zu beginnen.
Fast gleich nach dem Losfahren bekommen wir einen Hinweis auf den 17-Miles-Drive. Diese mautpflichtige Privatstraße vorbei an den schönsten Anwesen der Gegend wollte ich eigentlich unbedingt sehen. Hm, einige Zeit später geht mir auf, dass wir die Zufahrt zu dieser Straße wohl verpasst hatten, denn es kam kein weiteres Schild mehr. Na egal, zurück will ich dann auch nicht mehr.
Dafür beginnt die Straße gleich ihr schönstes Gesicht zu zeigen. Die Ausblicke sind einfach grandios und wir sind versucht, an jeder Haltebucht anzuhalten um Fotos zu machen. OK, anfangs tun wir das ja auch…
Nach einiger Zeit beschließe ich, dass wir auch mal runter zum Strand gehen müssen. Gesagt, getan, wir halten an und gehen den Pfad durch die Dünen zum Strand. Es ist so wunderschön und beeindruckend! Unten sieht man, dass die Wellen wirklich ganz schön gehen, aber es ist toll. Der Strand ist ziemlich steil und man sieht, dass das Wasser bei Flut wohl ziemlich hoch kommt.
Tja, und dann kommt mir die seltsame Idee, dass ich doch unbedingt mal fühlen muss, wie kalt das Wasser ist. Ich gehe also zum Wasser hin, bleibe in gehörigem Sicherheitsabstand stehen und warte, dass eine Welle so hoch schlägt, dass ich meinen Finger reinstrecken kann. Irgendwie wird mir aber jetzt schon mulmig. Es ist schließlich ganz schön kalt, ich habe Turnschuhe an. Was, wenn ich nass werde? Der Strand ist, wie gesagt, ziemlich steil, es könnte knapp werden, wenn ich flüchten muss. Und kaum gedacht, passiert es schon. Eine Welle kommt und damit das Wasser. Ich drehe mich um und will fliehen und gerate vor lauter Hektik ins straucheln. Ein paar Schritte schaffe ich noch auf der Flucht vor dem gefährlichen Meer und dann haut`s mich hin. *grummel* Ralf hat das Ganze natürlich von oben gefilmt. Die Aufnahme wird von mir gesichtet werden und wahrscheinlich gelöscht, so dass die Öffentlichkeit nicht mit diesem Anblick konfrontiert werden wird.
Als wir am Auto wieder ankommen, sehen wir, dass inzwischen eine Gruppe Surfer angekommen ist. Schade, das wäre toll gewesen, ihnen zuzuschauen.
Und weiter geht`s. Die Landschaft ist einfach unbeschreiblich und Ralf kann nicht aufhören zu fotografieren.
Was mich irritiert ist, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht aufgehoben werden. So schleiche ich immer weiter und stelle mich als rollendes Verkehrshindernis für Nachfolgende dar. Es wird allerdings nicht gedrängelt oder gar gehupt, das Fahren ist einfach angenehm. Ich halte auch immer an einer der zahlreichen Haltebuchten an, so dass jeder Auffahrende immer nur ganz kurz von mir gestresst wird.
Gegen Mittag halten wir an einem Lokal an, essen und trinken etwas und besuchen die restrooms. Das Lokal ist sehr urtümlich eingerichtet (halt so, wie Touristen sich das so vorstellen) und es gibt sogar einen fast originalen „Luke“. Ich bin begeistert.
Das irgendwann an der Strecke liegende Hearst Castle, das ich eigentlich auch sehen wollte, finden wir dann auch nicht. Als die Tante Navi und führen soll und behauptet, es läge in 240 km Entfernung, beschließe ich, dass ich auch diese Attraktion nicht sehen muss.
Irgendwann wird die CA 1 dann zum HW 101, führt aber noch am Pazifik entlang. Die Küste ist jetzt aber nicht mehr so steil. Nach einiger Zeit wird ein Vista Point angezeigt und ich fahre ihn an. Ich bin gleich erstaunt, wie riesig der Parkplatz ist und dann sehen wir auch den Grund hierfür. Am Strand entlang dieses Parkplatzes liegen hunderte von „Elefantenrobben“ in der Sonne. Es ist ein unglaubliches Schauspiel. Schautafeln informieren über diese Tiere und warnen auch davor, dass sie gar nicht so harmlos sind wie sie aussehen. Ich halte also respektvoll Abstand und finde es sehr beeindruckend, diese wilden Tiere aus der Nähe zu erleben. Irgendwie konnte ich mir nie vorstellen, dass es diese Tiere, die man bei uns nur aus dem Zoo und dem Fernsehen kennt, auch noch in Freiheit gibt. Es ist so schön!
Irgendwann verändert sich die Richtung der 101 und sie führt durch die Berge. Es ist faszinierend, wie sich die Landschaft ständig verändert. Nach längerer Zeit führt die Straße wieder nach unten und nach einem spektakulären Felsdurchbruch sind wir wieder am Meer. Und dann passiert das Drama des Tages!
Ein weiterer Vista Point wird angezeigt und weil Ralf ein paar Schiffe, die sich am Horizont gezeigt hatten fotografieren möchte (und weil wir schon so lange ohne Pause gefahren waren), halte ich an. Wir machen ein paar Fotos und ich hole das Fernglas raus um die Schiffe anzuschauen (die sich dann als Bohrinseln herausstellen). Ralf geht ein bisschen herum und fotografiert weiter. Als wir zum Auto zurückkommen, will ich ihm die Bohrinseln zeigen. Ralf nimmt das Fernglas in die Hand und legt die Digicam auf den Kofferraum des Autos ab. Dann werden wir noch von Leuten angesprochen, weil sie im Wasser etwas gesehen haben, was sie evtl als Wal identifiziert haben, Ralf plaudert ein paar Worte mit ihnen und leiht ihnen das Fernglas. Nein, es ist kein Wal, es sind in Formation schwimmende Wasservögel. Nun, Ralf schaut sich noch die Bohrinsel an, wir steigen ins Auto und fahren weiter. Gerade als ich auf die Freeway auffahre, meint Ralf plötzlich wo denn die Kamera wäre und gleich darauf fällt ihm ein: „Die habe ich auf dem Kofferraum liegen lassen!“
Große Hektik bricht aus. Was tun? Gottseidank kommt gleich eine Linksabbiegespur (ja, in den USA gibt’s auf der Autobahn Linksabbiegespuren!), auf der wir wenden können und wir fahren so schnell es geht zurück. Ralf ist hektisch. Ich fahre den Parkplatz langsam entlang. Nichts zu sehen. Am Parkplatzende steht, fast schon auf der Freeway, ein Auto. Ich bin ratlos, weil ja keine Spur von der heruntergefallenen Kamera zu sehen war und halte auch an. Ralf steigt aus, um noch einmal zu Fuß nach der Cam zu suchen. Da wird er von der Dame aus dem hinter uns haltenden Auto angehalten. Sie hat die Kamera gefunden und hat gewartet, da sie davon ausging, dass der Verlierer den Verlust bemerken und zurückkehren würde. Wahnsinn!
Die Kamera sah noch ziemlich gut aus, dafür, dass sie bei ungefähr 30 Meilen pro Stunde vom Auto runtergesaust ist. Leider fehlte der Auslöserknopf und Ralf konnte ihn auch nicht mehr finden. Trotzdem haben wir uns sehr gefreut.
In Santa Barbara hat uns die Tante Navi dann zur Einkaufsstraße geführt und Ralf hat bei Radio Shack (dem amerikanischen Mediamarkt, wie er natürlich gleich wusste) eine neue Canon gekauft. Die Verständigung klappte ausgezeichnet, denn irgendwie ist die Techniksprache ja sowieso Englisch. Megapixel, Gigabyte, SD-Karte – hört sich in englisch genauso an.
Danach wollten wir nur noch ins Motel nach Ventura. Die Tante führte ins brav zum Holiday Inn Express, wo wir eine angenehme Überraschung erlebten. „Hey guys, I have upgraded you to a suite. Right?“ Klar doch, eine Suite zum normalen Zimmerpreis nehmen wir gerne!
Das “Zimmer” ist Wahnsinn. Eine eingerichtete Küchenzeile, Essecke, Sofa und Schreibtisch im abgetrennten Bereich und ein super tolles Kingsize-Bett. Das Bad ist genauso riesig mit Jacuzzi-Badewanne, separater Dusche und diskret verstecktem Klo. Der Blick durch die riesigen, ungefähr 4 Meter hohen Fenster fällt direkt auf den Hafen mit den in der Abendsonne glänzenden Segelbooten. Einfach ein Traum!
Essenstechnisch war es ein bisschen schwierig. Wir wollten zu McDonald`s, aber zuerst habe ich eine Richtungsanzeige der Tante missverstanden, dann führte sie uns zu einem Platz, von dem sie behauptete, hier sei ein Mäcki. Nö, war aber keiner und deswegen überfielen wir auf dem Rückweg ein anderes Fastfoodrestaurant (Carrow`s), das aber sehr nett war. Sehr amerikanisch, wie man es sich so vorstellt.
Die Mitarbeiterin an der Kasse war begeistert, als wir erzählten, wir seien aus Deutschland und zeigte uns andere Gäste, die auch aus Deutschland waren. „Hey, you`re really cool!“
Auch der Mitarbeiter an der Kasse des Supermarktes freute sich über die Deutschen. Er erzählte, dass er noch nie am Grand Canyon gewesen sei, fand es aber klasse, dass wir extra so weit gereist seien um ihn zu sehen.
Ich war froh, als wir dann wieder im Motel waren. Morgen geht es durch Los Angeles, das gar nicht weit von Ventura weg ist, Richtung Joshua Tree. Ich freu mich schon, auch wenn der Motelstandard morgen wohl wieder schlechter sein wird.