Obwohl ich gestern Abend befürchtet hatte, dass ich nicht gut schlafen konnte, da unser Zimmer direkt am Treppenaufgang zum 1. Stock und am Getränkeautomaten lag, habe ich bestens geschlafen. Selbst die am Morgen abfahrenden LKWs, die Ralf frühzeitig geweckt hatten, habe ich nicht bemerkt. Wunderbar.
Trotzdem mussten wir natürlich los, denn heute stand eine lange Fahrt bis nach Santa Fe auf dem Programm. Um sie ein bisschen interessanter zu machen, wollten wir einen Abstecher über das Valley of Fires machen. Also machten wir uns direkt nach dem Frühstück im Motel auf den Weg.
Leider mussten wir zunächst 70 km der Strecke von gestern wieder zurückfahren, um die Abzweigung über den Byway zu erreichen. Er führte durch das Lincoln-Gebiet, in dem 1878 der Lincoln-County-Krieg der Rinderbarone stattgefunden hatte. Auch zu diesem Thema , wie zu einigen anderen Wildwest-Themen, durfte ich vor diesem Urlaub mit Ralf einen Spielfilm anschauen, war also bestens vorbereitet 🙂 Weiter entwickelte sich die Straße zum “Billy-The-Kid-Trail”, wo ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts dieser berüchtigte Revolverheld sein Unwesen trieb. So kamen wir durch den Ort, in dem Billy das letzte Mal gefangen und inhaftiert wurde und aus dem er das letzte Mal geflohen war, bevor er schließlich erschossen wurde.
Mit dem Örtchen Capitan stießen wir schließlich auf den Geburtsort von “Smokey, the Bear”. Dieser Bär symbolisiert die Bemühungen der USA, Waldbrände zu verhindern. Überall in Waldgebieten sieht man Bilder dieses Bären, der anzeigt, wie hoch zu aktuelle Waldbrandgefahr ist. Das diesbezüglich angelegte Museum sparten wir uns heute allerdings, da es uns nicht so interessant erschien. Stattdessen kehrten wir in einem Farmers Market ein, um uns für heute Mittag ein Picknick zu besorgen. Wir entschieden uns für Hummus, Cracker und Bananenbrot. Und zum ersten Mal in den Staaten hörte ich dort “99 Luftballons” von Nena als musikalische Hintergrunduntermalung.
Schließlich erreichen wir das Valley of Fires. Es handelt sich hier um eine Recreation Area, die sich durch “Badlands oder “Malpais” auszeichnet, also eine durch Lavafluss entstandene Landschaft. Sieht ein bisschen wie auf den kanarischen Inseln aus, ist aber natürlich ganz und gar amerikanisch angelegt. Toll ist ein befestigter Rundweg, der sich mitten durch diese ganz besondere Landschaft schlängelt und mit Hinweistafeln versehen ist. Insbesondere die Tierwelt, die hier lebt, unterscheidet sich doch gewaltig von den Kanaren. Klapperschlangen, Taranteln und Koyoten haben hier ihre Heimat. Gesehen haben wir natürlich keins von den genannten Tieren, aber darauf kann ich auch gut verzichten.
Anschließend suchten wir einen der vielen vorhandenen Picknicktische auf und legten eine ausgiebige Mittagspause mit toller Aussicht und bei Sonnenschein ein. Danach ging es auf den letzten Streckenabschnitt nach Santa Fe.
Und der stellte sich als echte Herausforderung heraus. Man kann es sich einfach nicht vorstellen, wenn man deutsche Straßenverhältnisse gewohnt ist: man biegt an einer Kreuzung auf eine Straße ein und die Navitante sagt “Bitte 120 km geradeaus fahren”. Und das heißt dann, wirklich geradeaus! Man ist weitgehend alleine auf der Straße, stellt den Tempomat auf 55 Meilen ein und muss dann nur noch das Lenkrad festhalten. Dazu hat man gerade ordentlich gespeist (=”Suppenkoma”) und wenn man nachrechnet, ist es zuhause etwa 23 Uhr (heißt für meinen Körper = Schlafenszeit). Ralf ging es ähnlich, die Gespräche verstummten. Dazu lief eine einschläfernde Musik und ich merkte, dass es mir sehr schwer fiel, wach zu bleiben. Irgendwann muss ich dann tatsächlich in einen Sekundenschlaf gefallen sein, denn Ralf stieß mich an, weil ich auf ein entgegenkommendes Auto zusteuerte. Auweia!!!
Anhalten war leider nicht möglich, deshalb wurden andere Aktivitäten zum Wachwerden und -bleiben durchgeführt. Fenster auf, etwas trinken, quatschen, Rockmusik einlegen. Danach ging es etwas besser, aber ich war sehr froh, als irgendwann ein “Clean Rest 6 Miles” angekündigt wurde.
Dort, in einem absolut verschlafenen Nest, buchstäblich mitten im Nichts, fanden wir ein Café, in dem wir zwei Tassen Kaffee (frisch gebrüht!) tranken und “Pie ala Mode” (=Pie mit Eiscreme) aßen. Die Bedienung wollte natürlich wissen, woher wir kommen und wunderte sich, dass wir um diese Zeit hierher reisen. Erstens kommen sonst die Deutschen immer im August (wir sind wohl nicht die ersten, die hier gestrandet sind) und zweitens beginnt doch Ende Mai erst die Zeit, in der er hier immer regnet und in der es deshalb hier so viel schöner, weil grün, ist. Dass wir im Urlaub lieber keinen Regen möchten, konnte sie nicht wirklich verstehen.
Nach der Pause setzte sich Ralf ans Steuer, was ich sehr angenehm fand, weil ich immer noch müde war. Die Straße veränderte sich nicht weiter. Wir hatten immer noch über 2 Stunden Fahrt vor uns und es ging weiter immer geradeaus. Ab und zu ein paar Häuser an der Straße, zum größten Teil verlassen, ein paar Ranches rechts und links, die Bahnstrecke mit endlos langen Güterzügen – das wars dann. So viel Landschaft, solch eine Weite – dieses Land ist einfach so riesig! Man stelle sich einfach vor man fährt von München nach Würzburg, die Straße ist fast nur geradeaus und dazwischen sind maximal 2 verschlafene Nester, die Landschaft besteht aus Büschen und Gras und wird nur selten von Hügeln unterbrochen. Dazu eine Geschwindkeitsbegrenzung von 100 km/h und kaum Verkehr, dann hat man ungefähr eine Vorstellung der Dimensionen hier.
Endlich erreichten wir dann doch Santa Fe. Im Motel, dem American Value Inn, dann zunächst einige Schrecksekunden, weil die Mitarbeiterin unsere Reservierung nicht findet. Aber schließlich durften wir doch unser Zimmer für die beiden nächsten Nächte beziehen. Unser Abendessen war vorzüglich, Ralf hatte seine Skepsis gegenüber indischem Essen überwunden und wir kehrten im benachbarten House of India ein.
Wenn jetzt noch die Kinder im Nachbarzimmer, die bis jetzt einen ziemlich Lärm verursachen, eingeschlafen sind, dürfte einer angenehmen Nacht nichts mehr im Wege stehen. Morgen bin ich dann hoffentlich wieder ein bisschen fitter.