Tag 9: Upper Peninsula

Vor der Abfahrt heute Morgen packen wir unsere Koffer und Taschen um, verstauen unsere bisherigen Einkäufe und versuchen, etwas Ordnung in unser Gepäckchaos zu bringen. Gar nicht so einfach! Nachdem wir dies einigermaßen zu unserer Zufriedenheit erledigt haben, können wir uns endlich auf den Weg machen. Heute geht es hoch in den Norden.

Schon nach kurzer Zeit fällt jedoch der erste Fotostopp an. Die Mackinaw-Brücke, eine 8 km lange Hängebrücke, die wir gestern vom Schiff aus schon bestaunen konnten, gilt es nun aus der Nähe zu fotografieren. Ein schönes Motiv, das in herrlichem Sonnenschein da liegt. Die Fahrt über die Brücke ist dagegen etwas enttäuschend. Ich muss mich auf den Verkehr konzentrieren und natürlich fährt so ein schwerer Pickup vor uns her und nimmt uns die Sicht. Aber egal, wir sind in „U.P.“, in Upper Peninsula wie der nördliche Teil von Michigan genannt wird.

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Wir fahren über die Mackignaw Brücke
Wir fahren über die Mackignaw Brücke

Die Landschaft ist recht flach und wechselt ab zwischen riesigen Wäldern, Heideflächen und nach einem Waldbrand gerade wieder nachwachsenden jungen Wald. Schön ist das und menschenleer. Viele Campmobile sind unterwegs und ich bekomme Lust zu wandern. Auch wenn ich das natürlich niemals machen werde, stelle ich mir vor, wie es wäre, einen Treckingurlaub hier zu machen und stelle es mir richtig klasse vor.

Dass wir hoch im Norden sind, wo im Winter richtig viel Schnee liegt, merkt man auch daran, dass alle paar Kilometer vor Snowmobilen gewarnt wird. Diese sind für die hier lebenden Menschen im Winter ein normales Fortbewegungsmittel, obwohl die Straßen tatsächlich geräumt werden, wie wir später von Einheimischen erfahren haben.

Typisches Warnschild der Region
Typisches Warnschild der Region

Nach etwa zwei Stunden Fahrt gelangen wir zu unserem ersten Zwischenstopp. In einem USA-Reiseforum hatten wir von Oswald`s Bear Ranch gehört, in der in Not geratene Schwarzbären aufgenommen und unter relativ naturnahen Bedingungen gehalten werden. Das Ganze ist natürlich typisch amerikanisch mit Souvenirshop und Attraktionen aufgezogen. Und die Hauptattraktion ist (ich wage es kaum zu schreiben – habe mich über solches bisher immer aufregen müssen.), ein Schwarzbärenbaby füttern und streicheln zu dürfen. Das Ganze wird mit der eigenen Kamera fotografiert und kostet 5 Dollar. War das niedlich! Das Bärenbaby, das meiner Meinung nach doch schon ziemlich groß ist, hat ein ganz weiches Fell und futtert ganz sanft die Fruit Loops, die uns vom Betreuer dafür gegeben wurden, von der Hand. Auch als es mir die Pranke auf den Arm legt, ist das ganz sanft. Ich spüre keine Krallen, sondern die „Bärenhand“ fühlt sich an wie eine Katzenpfote. Ein schönes Erlebnis. (Im gegenüberliegenden Gehege sind übrigens die zweijährigen Tiere untergebracht. Ich glaube, die sind ganz schön neidisch auf die Youngster, die ihnen in diesem Jahr die leckeren Fruit Loops vorenthalten.)

Eingang zur Oswald's Bear Range
Eingang zur Oswald’s Bear Range
Im Eingangsbereich
Im Eingangsbereich
Probier's mal mit Gemütlichkeit
Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Auf Fotosafari
Auf Fotosafari

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Bärenfütterung
Bärenfütterung

Bei den Bären treffen wir ein Ehepaar aus Mainz und kommen kurz ins Gespräch. Ralf hatte die beiden zufällig bei der Bärenfütterung gefilmt und hat ihnen angeboten, ihnen das Video per E-Mail zu schicken. Dieses Ehepaar erzählt uns von seiner bisherigen Route und dass sie heute um 16 Uhr in Munising die Bootsfahrt zum Pictured Rock mitmachen wird. Diese Tour haben wir für heute auch geplant, dass es ab morgen laut Wettervorhersage leider vorbei sein soll mit dem tollen Wetter. Dass wir jetzt wissen, zu welcher Uhrzeit diese Tour startet, erleichtert uns unsere Tagesplanung.

Wir machen uns also auf den Weg weiter nach Norden an das Ufer des Lake Superior, dem größten, tiefsten und kältesten der großen Seen.

Vorher machen wir aber noch Halt bei dem altbekannten großen M, also McDonalds. Ich glaube, wenn ich von dieser Reise nach Hause zurückgekehrt bin, kann ich lange Zeit keinen Burger und keine Pommes frites mehr sehen. Vom Süßen habe ich übrigens schon länger die Nase voll. Beim Frühstück esse ich mein Bagel seit gestern nicht mehr mit Frischkäse und Marmelade, sondern nur noch mit etwas Butter. Überhaupt habe ich schon langsam das amerikanische Essen ein bisschen satt. (Ich kenne mich selbst kaum noch wieder ;-))

Bevor wir Munising, unser heutiges Tagesziel, erreichen, stehe ich fahrtechnisch noch vor einer Herausforderung. Wir fahren eine Straße über 43 km nur noch geradeaus. Zuerst bemerke ich das noch nicht, denn amerikanische Straßen sind sehr oft über längere Zeit sehr geradlinig. Irgendwann denke ich, dass das doch sehr nervig ist, dass sich an der Straßenführung so gar nichts ändert. Und dann wieder später schaue ich auf die Navitante und sehe, dass nach weiteren 25 Meilen geradeaus das Ziel erreicht ist. Das ist wirklich eine Herausforderung und ich stelle wieder einmal fest, dass die in amerikanische Straßen eingefrästen Querrillen entlang der Mittellinie (die beim Drüberfahren einen Höllenlärm machen) eine sehr sinnvolle Angelegenheit sind, denn das endlose Geradeausfahren ist wirklich eintönig und einschläfernd.

Nur noch 23 Meilen geradeaus bis zur nächsten Kurve- 1/3 ist schon geschafft!
Nur noch 23 Meilen geradeaus bis zur nächsten Kurve- 1/3 ist schon geschafft!
Indian Summer Baum
Indian Summer Baum

In Munising angekommen fahren wir als erstes zum Visitors Center. Wir haben ja hier zwei Nächte eingeplant und wollen, nachdem wir heute die Pictured Rocks vom Wasser aus angesehen haben, morgen wandern gehen. Hierzu erhoffen wir uns Informationen im Visitors Center. Wir werden natürlich nicht enttäuscht. Die nette Parkrangerin (die Pictured Rocks National Lakeshore sind ein Nationalpark und damit unter Leitung von Rangern) versorgt uns mit Infomaterial und Tipps.

Da wir hoffen, noch Karten für die Bootsfahrt um 16 Uhr zu bekommen, die Sunset-Tour, fahren wir gleich zum Seeufer. Wir haben Glück und können zwei Karten für je 33 Dollar kaufen. Ein stolzer Preis, aber nach allem, was ich im Internet darüber gelesen habe, soll die Fahrt den Preis wert sein.

Danach steuern wir unser Motel für die nächsten beiden Nächte, das Days Inn, an. Hier bekommen wir mit, dass es gut war, zu reservieren, denn die Gäste vor uns an der Rezeption werden wir weggeschickt. Der Hauptort ist total ausgebucht, was ich für diese Jahreszeit einen Sonntagabend nicht gedacht hätte. Obwohl es erst 15 Uhr ist, dürfen wir schon unser Zimmer beziehen. Wir schaffen das Gepäck rein, packen ein paar warme Sachen in den Rucksack und fahren gleich wieder zurück zur Bootsanlegestelle.

Das Boarding soll um 15,45 Uhr beginnen. Da ich jedoch gelesen habe (Internet ist eine tolle Sache), dass die besten Plätze auf dem oberen Deck auf der rechten Seite sein sollen, will ich frühzeitig da sein. Wir sind dann um 15.20 Uhr vor Ort und stehen relativ weit vorn in der Schlange, die jedoch sehr schnell länger wird.

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Wir bekommen die letzten Plätze auf der rechten Seite und freuen uns auf die Fahrt. Vorher kommen wir noch mit dem älteren Ehepaar hinter uns ins Gespräch. Die beiden erzählen uns von ihren Europareisen und ihren Reisen innerhalb der USA. Sie schwärmen uns von der Schönheit Michigans vor und geben uns Tipps für unsere weitere Reise. Eine nette Begegnung.

Unser Ausflugsboot
Unser Ausflugsboot
Sicherheitshinweise auf der Bootstour
Sicherheitshinweise auf der Bootstour

Die Fahrt selbst ist unbeschreiblich schön. Die Felsen, die wir nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreichen, leuchten durch ins Gestein eingelagerte Mineralien in allen möglichen Farben, die Felsen türmen sich riesig hoch auf und haben durch Erosion die tollsten Formen gebildet, die von den einheimischen sprechende Namen bekommen haben. Etwa „Indian Head“ für einen Felsen, der von der Seite wie ein Indianerkopf mit Federschmuck aussieht. Das Schiff fährt ganz nah an die Felsen heran, damit wir einen Eindruck von der Höhe bekommen können. Außerdem fährt es in eine Höhlung im Fels hinein, die „Chapel“ genannt wird. Es ist einfach grandios.

Zwischen den Felsen befinden sich immer wieder wunderschöne Strände, die nur zu Fuß oder vom Wasser aus erreicht werden können. Einsam kann man sie deshalb aber trotzdem nicht nennen, denn die Ausflugsschiffe und auch Kanufahrer kommen in regelmäßigen Abständen hier zum Sightseeing vorbei, womit aber nach Aussage des Schiffskapitäns viele nicht rechnen und nackt hier baden. Shocking für Amerika!

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Pictured Rocks
Pictured Rocks
Pictured Rocks
Pictured Rocks

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Pictures Rock
Pictures Rock
Auf dem Rückweg
Auf dem Rückweg

Nach 3 Stunden Fahrt sind, trotz strahlenden Sonnenscheins durchgefroren, wieder an Land. Zum Essen gehen wir in ein Restaurant direkt am Hafen, das sich als Servicewüste Amerikas herausstellt. Wir hätten schon alarmiert sein müssen, dass im Eingang ein Schild „Please seat yourself“ hing. Das habe ich den USA bisher noch nicht erlebt, da man normalerweise an seinen Platz geführt wird und vom Kellner in Empfang genommen wird. Naja, das war hier halt nicht so und der Service war dementsprechend schlecht. Insbesondere als wir mit dem Essen fertig waren, passierte gar nichts. Irgendwann fragte unsere Kellnerin, ob wir noch etwas wünschten und verschwand wieder, nachdem wir verneinten Sie war einfach weg. Nach einer gewissen Wartezeit sind wir einfach so zur Kasse und nach nur kurzer weiterer Wartezeit durften wir dann doch tatsächlich bezahlen. Hmm, für morgen müssen wir uns was anderes suchen.