Für heute hat der Wetterbericht ab 12, spätestens ab 15 Uhr „few showers“ angekündigt. Deshalb stehen wir früh auf, um eine „Architectural Cruise“ zu buchen. Bei dieser Schiffsfahrt auf dem Chicago River werden die spektakulärsten und schönsten Gebäude der Stadt angeschaut und erklärt.
Frühstücken tun wir im an das Hotel angeschlossenen Lokal, dann machen wir uns auf den etwa halbstündigen Fußmarsch zum Navy Peer, wo die Schiffsfahrten losgehen sollen. Wir sind kurz vor 10 Uhr am Peer und es liegt noch menschenleer da. Die Rundfahrt startet erst um 10.45 Uhr und so schlendern wir erst einmal bis ganz nach vorne auf dem Peer. Schöne Schiffe für Kreuzfahrten auf dem See liegen da und natürlich entlang des ganzen Peers die Buden mit allem möglichen zum Kaufen. Das Riesenrad steht über allem und krönt die menschenleere Szenerie.
Die Schiffsfahrt, deren Ablegestelle wir nach einigem Suchen finden, eröffnet wirklich atemberaubende Ausblicke. Diese himmelhohen Häuser aller möglichen Baujahre und Baustile! Wunderschön, wie sie sich entlang des Flusses aufreihen. Das alles humorvoll kommentiert vom Tourguide – wirklich ein Erlebnis.
Anschließend fahren wir mit dem „Ferry Wheel – presented by McDonalds“. Auch von hier oben ist die Szenerie einfach toll. Und es fallen die ersten Regentropfen.
Wir bummeln noch ein wenig durchs Innere des Gebäudes am Peer und entschließen uns dann, eine Busrundfahrt mit „Hopp on – hopp off“ zu machen. Beim Anbieter, für den wir uns entscheiden weil einfach die meisten Busse im Stadtbild zu sehen sind, deshalb auch ein problemloses Ab- und Aufspringen möglich sein wird, erhalten wir zusätzlich noch Gutscheine für ein kostenloses T-Shirt, ein Tüte Popcorn und Schokolade. Das ist natürlich was für mich!
Auch diese Touren sind live kommentiert. Der Guide steht lässig auf dem oberen offenen Deck und erklärt die Stadt. Atemberaubend wird es, wenn wir unter Brücken oder Bahnen durchfahren. Die Durchfahrten sind so niedrig! Der gute Mann (natürlich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung) muss sich manchmal ganz elegant zur Seite ducken, wenn wir unter Ampeln oder Verkehrsschildern durchfahren. Ich kann da gar nicht hingucken.
Das erste Mal steigen wir beim John Hancock Observatory aus. Dieses Hochhaus ist zwar ein paar Meter niedriger als der Sears-Tower, bietet aber die bessere Aussicht, da es mitten in der Stadt steht. Ein sehr schneller Aufzug bringt uns ruckzuck in die 94. Etage und die Aussicht von dort oben ist wirklich umwerfend. Der Blick kann weit über den See schweifen, der einen tollen Kontrast zu den tollen Häusern der Stadt bietet. Es ist wirklich unglaublich. Das Schönste ist: es scheint immer wieder die Sonne zwischen den Wolken durch.
Wir „springen wieder auf den Bus“ und fahren weiter, bestaunen weiter die Hochhäuser und den zunehmenden Verkehr. Am Millenium-Park macht uns der Guide darauf aufmerksam, dass der Laden, wo man sein kostenloses T-Shirt abholen kann, bald schließt und man deshalb jetzt aussteigen sollte, was wir natürlich tun. Nachdem wir unser Goodie gejagt haben, bummeln wir noch durch den Park. Besonders auffällig ist hier die Skulptur, die unter dem Spitznamen „Die Bohne“ bekannt ist, ein riesiges bohnenförmiges Gebilde aus glänzendem Metall, in dem sich die Besucher mit der ganzen Umgebung spiegeln. Toll sieht das aus und wir machen natürlich, wie alle anderen Besucher auch, Fotos. Allerdings nur mit dem Handy und der Videokamera. Man glaubt es kaum, aber Ralfs Kamera gibt mangels geladenen Akkus auf, und er hat keinen Ersatz dabei!
Wir fahren weiter, wollen noch beim Popcornladen und natürlich bei der Schokolade einen Stopp einlegen und dann ins Hotel zurück weil wir müde sind. Inzwischen hat die Rush Hour voll eingesetzt und es geht stellenweise nur noch langsam voran. Der Guide des Busses, in dem wir jetzt sitzen erklärt, dass nach uns nur noch drei Busse fahren, man also die Uhr im Auge behalten soll wenn man fährt. Als wir in den Popcornladen reinkommen, sehen wir, dass sich eine ordentliche Schlange gebildet hat. Ralf hat Bedenken, dass wir die nachfolgenden Busse nicht mehr kriegen, ich gebe brummelnd nach und so stehen wir wenige Minuten später wieder auf den Bus wartend an der Straße. Da sich der Verkehr ziemlich staut, dauert es natürlich eine halbe Ewigkeit bis der Bus kommt, was uns Gelegenheit gibt, die rauen Sitten auf Chicagos Straßen zu beobachten. Von wegen entspannter amerikanischer Fahrstil!
Der Bus, der unser letzter sein soll (die Schokolade wollen wir, genauso wie das Popcorn, lieber morgen in Ruhe abholen) kommt und ich überlege noch, ob wir uns in die untere Etage setzen sollen. Die Sicht auf die einzigartigen Attraktionen Chicagos ist aber natürlich vom offenen oberen Deck und so nehmen wir unsere Plätze wieder oben ein – wieder freundlich begrüßt vom Guide. Kurz bevor unser Bus kam, hatten wir uns noch darüber gefreut, dass wir solches Wetterglück haben. Immerhin war es schon 17 Uhr und kaum ein Regentropfen war gefallen.
Kurz nach der Abfahrt des Busses fängt es jetzt aber an zu regnen. Zuerst nur ein paar Tropfen und ich ziehe nur die Kapuze meiner Sweatshirtjacke hoch. Kurz darauf fängt es aber richtig an. Ich öffne meinen Regenschirm, wie viele andere Fahrgäste auch. Ralf hat natürlich in seinem Rucksack einen Plastik-Regenponcho (ich hätte in meinem Rucksack auch einen gehabt, hab aber natürlich meinen Rucksack nicht dabei…) und verpackt sich und seine elektronischen Geräte regensicher. Es schüttet jetzt ziemlich arg und es werden vom Guide Regenponchos verteilt. Ralf ist so lieb, mir einen zu holen aber in meiner Hektik schaffe ich es nicht, mich ordentlich darin zu verpacken (ich glaube, ich bin durchs Armloch eingestiegen….).
Die Fahrt geht weiter, der Guide lässt sich seine Laune durch den Regen nicht vermiesen. Ich finde das ganze allerdings nicht mehr so lustig, bin deshalb froh, dass der Regen schnell wieder nachlässt. Das ändert sich allerdings schnell – der zweite Schauer setzt ein als sich der Bus am weitesten entfernten Punkt der Tour befindet. Ralf holt mir einen neuen Poncho und beim zweiten Versuch schaffe ich es tatsächlich, den Plastikumhang richtig anzuziehen. Ja, es regnet sich jetzt ein. Ich muss lachen, wenn ich die Fußgänger und die Autofahrer unten sehe und mir vorstelle, was ich mir immer denke, wenn ich bei solch schlechtem Wetter als Fußgänger die armen Deppen in den Touri-Bussen sehe. Noch mehr müssen wir lachen, als wir feststellen, dass unsere Reisegruppe jetzt wie ein Betriebsausflug des Ku-Klux-Klans aussieht. 🙂
Trotzdem bin ich froh, als wir endlich am Hotel angekommen sind, denn inzwischen sind meine Füße nass und mir ist kalt. Im Zimmer ist es auch kalt, denn wir hatten morgens vor dem Verlassen des Zimmers die Klimaanlage eingeschaltet. Lüften kann man ja nicht. Also umziehen, Pullover an, sich mir warmem Wasser waschen und schon fühlt man sich wieder wie ein anderer Mensch.
Essen tun wir heute Abend auf Ralfs Wunsch bei Hooters, das gleich um die Ecke ist. Naja, was Besonderes ist das nicht. Die Mädels laufen halt in knappen Höschen, weißen Kniestrümpfen, Turnschuhen und Trägershirts rum. Ansonsten ein Familyrestaurant wie tausende andere in den USA. Ach ja, unsere Bedienung hat eine deutsche Großmutter wie sie uns erzählt.
Beim Rückweg ins Hotel zeigt sich die Stadt wieder von einer anderen Seite. In den nassen Straßen spiegeln sich die Lichter, die Spitzen der beleuchteten Hochhäuser verschwinden im Dunst – toll und bisschen unheimlich sieht das aus. Wirklich fast so wie , das in den neuen Verfilmungen von Batman Chicago zum Vorbild hatte.
Zum Bluesclub sind wir heute Abend auch schon wieder zu müde. Aber es war so ein schöner Tag heute.